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5. Mutationen, Varietäten und Hybride bei Raubkatzen
Auch in der freien Wildbahn werden bei einigen Raubkatzen immer wieder
Fellvariationen beobachtet. Dabei ist der schwarze Panther (= Leopard mit sehr
dunklem, bis schwarzen Fell) die bekannteste Varietät. Schwarze Leopardenjunge
kommen zusammen mit normal gefleckten Geschwistern im gleichen Wurf vor. Das Fell
hat weiterhin ein Fleckenmuster, das aber nur bei sehr hellem Licht zu erkennen
ist. Weisse Bengalentiger sind wesentlich seltener und die meisten Exemplare, die
in Zoos und Shows zu sehen sind, gehen auf ein einziges, weisses Tigerjunges namens
Mohan zurück, das vor mehr als vierzig Jahren in Indien in der Wildnis gefunden
wurde (Turner, 1997). Im Unterschied zum "schwarzen Panther" sind die
Überlebenschancen eines weissen Raubtiers in der Wildnis, abgesehen vom ewigen
Eis, natürlich gleich Null. Weniger bekannt ist der sog. goldene Bengalische
Tiger (engl. "golden tabby"), der als Folge einer Mutation in Gefangenschaft
auftrat (untenstehende Bildreihe, ganz rechts).
Beim Gepard ist es der "Königsgepard" (engl. "king cheetah") wenn wir von
Fellvariationen sprechen, der in älteren Quellen noch als eigene Art oder gar
als Gepard-Leopard-Hybride geführt wird. Dieser stellte sich aber lediglich als
seltene Mutante des Gepards mit streifen- statt gepunkteter Fellpigmentierung
heraus. Fellvariationen stellen keine eigenen Arten dar und können beliebig mit
den "normalen" Wildformen gekreuzt werden, wie man es auch von der Hauskatze und
deren Zuchtrassen kennt. So mag es verständlich erscheinen, dass bei den ersten
Begegnungen mit diesen ganz anders gefärbten Tieren in der Wildnis der Gedanke
an eine neue Art nahelag. Zuchtexperimente bringen jedoch rasch Klärung. Dies
ist eine Art der Aufklärung, die beim Gepard, wegen den Problemen bei der
Nachzucht in Gefangenschaft, für längere Zeit nicht realisiert werden konnte.
Zuchtformen von Löwe-Tiger Hybriden und Fellvariationen. Links: männlicher Ligar,
Mitte weiblicher Ligar, rechts Goldener Bengalischer Tiger "Golden Tabby"
(Bildquelle: http://www.lairweb.org.nz/tiger/ligers.html)
In Gefangenschaft wurden auch Züchtungsexperimente (z.T. künstliche Besamung)
mit Tigern und Löwen unternommen. Die daraus resultierenden hybriden Tiere
(engl. "Ligars" und "Tigons" mit dem männlichen Elternteil an erster Stelle
im Namen) sind Kuriositäten zur Belustigung von Zoobesuchern. Offenbar sind die
männlichen Exemplare immer steril, und beide Geschlechter haben mehr Eigenschaften
des Löwen als des Tigers.
Auffällig ist die Körpergrösse dieser Tiere, die zumindest beim Ligar diejenige
beider Elterntiere übertrifft (vermutlich ein Heterosiseffekt, den man oft bei
Hybriden antrifft). Es ist sehr unwahrscheinlich, dass solche Hybride in der
Natur vorkommen, weil sich die Lebensweise des Tigers als Einzelgänger nicht
mit derjenigen der Löwenrudel überschneidet und die beiden Raubkatzen nur an
wenigen Orten (in Indien) überhaupt im selben Lebensraum existieren. Diese
geographische Isolation wirkt als ein Mechanismus der Evolution, der beiden
Arten weiter auseinanderweichen lässt (siehe nächstes Kapitel).
Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass Löwe und Tiger beide
zur selben Gattung Panthera gehören und dass sich diese Gattung, gemäss den
Fossilfunden, erst innerhalb der letzten 5 Mio Jahren (siehe Kap 3.2.) in die
einzelnen Arten aufspaltete. Der Status als selbstständige Arten wird durch die
hier gezeigten Hybriden allerdings nicht in Frage gestellt, weil die Fruchtbarkeit
der Hybriden auch in diesem Fall (Tiger/Löwe) eingeschränkt ist, wie man es von
Zwischearthybriden erwarten kann. Züchtungsexperimente dieser Art mit Geparden
sind mir nicht bekannt. Der "Königsgepard" ist , wie oben erwähnt, keine Hybridform
des Gepards mit einem anderen Raubtier.
(c) Shirárch 27.09.2010 |